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Koproduktion mit den Théâtres de la Ville de Luxembourg
>>> Im Schauspielhaus Wien und im Grand Théâtre Luxembourg <<<
Termine
3. – 9. Sept 2014 im Schauspielhaus Wien
16. 17. Dez 2014 im Grand Théâtre Luxembourg
Premiere am 2. Sept 2014 in Wien
Besetzung
mit Helmut Berger Hannes Granzer Sophie Hutter Jon Kiriac Elfriede Schüsseleder Germain Wagner Heinz Weixelbraun
Inszenierung Sabine Mitterecker Raum Anne Neuser Kostüm Silke Fischer
Dramaturgie Uwe Mattheiss
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Presse
„Die Premiere steht noch an, aber die Aussichten sind schön…“
Martin Thomas Pesl | Wiener | Sept 2014
Horváths „zur schönen Aussicht“ als Inselexperiment
Wolfgang Huber-Lang | APA Tiroler Tageszeitung | 27. Aug 2014
„Sabine Mitterecker und Anne Neuser (Bühne) bescheren einen intensiven Theaterabend. Das Ensemble läuft zur Höchstform auf und spielt sehr körperlich zwischen Slapstick und großer Tragödie.“
Florian Krenstetter | Kronenzeitung | 4. Sept 2014
„Kampfzone der Geschlechter.
Sabine Mitterecker zeigt Ödön von Horváth berückend gegenwärtig.“
Petra Paterno | Wiener Zeitung | 3. Sept 2014
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Texte
Im Hotel ZUR SCHÖNEN AUSSICHT fehlen Gäste, zumindest welche, die zahlen. Musik schürt Sehnsucht nach der Ferne. Der Schaumwein fließt in Strömen, die Rechnungen verfallen. Es gibt einen Kellner, aber keine Küche. Ein Vertreter macht schlechte Geschäfte. Ein derangierter Adeliger hat alles verspielt bis auf seine Pistole. Ein Ort des Stillstands. Rien ne va plus.
Nur Baronin Ada hat noch Geld und diktiert die Regeln – für den Rausch und die Interaktion der Körper. Wer zahlt, schafft an. Aber lassen sich die überholten Geschlechterverhältnisse einer patriarchalen Ordnung mit Geld so einfach umkehren?
Horváth entwirft die „Komödie in drei Akten“ 1926 als Modellanordnung einer Gesellschaft, in der Menschen einander vorrangig als Konkurrent:innen wahrnehmen und jede/r jeder/m nur Mittel zum Zweck ist. Von den Verwerfungen der Ökonomie hervorgerufen spielen sie, die Verlierer:inn en, auf der Klaviatur der Zerstörung und Selbstzerstörung.
„Man müsste fort“ sagt Christine
Erkenntnisse der Ethnologie haben zu Beginn der 20er Jahre das Gerücht aufkommen lassen, es gebe in der Gegenwart fremder Kulturen so etwas wie Sexualität ohne Schuld. Bronislaw Malinowski publizierte damals über seine Feldforschung auf Pazifikinseln und beschrieb Familienstrukturen, in denen Rivalität, Schuld und Verdrängung im Zusammenhang mit Sexualität nicht zu finden waren. Besitz und Zugehörigkeit wurden über die Mutter weitergegeben. Die Kontrolle der weiblichen Sexualität, die das westliche Konzept des Privateigentums und seiner Vererbung in männlicher Linie zwingend voraussetzt, lag diesen Gesellschaften fern. Sollte es am Ende der Welt doch einen Ort geben, an dem Männer und Frauen gleichermaßen glücklich leben können? Horváth übersetzt die Frage in eine Art Container-Experiment im Hotel ZUR SCHÖNEN AUSSICHT – mit ernüchterndem Ausgang.
„Ich habe ein ganzes Hotel im Kopf“ sagt Strasser
Die Hotelhalle ist der Geburtsort der modernen Dienstleistungsgesellschaft. Hier wird als Ware gehandelt, was als persönliche Zuwendung zuvor Teil des Sozialen war. In traditionellen Gesellschaften schaute Gastfreundschaft, oft bis an die Grenzen des eigenen Ruins, nicht nach dem Aufwand, jetzt muss sie sich rechnen: was dem Gast dient, hat er als Käufer schon bestellt. Man vereinbart Stillschweigen darüber, in Wahrheit Käufer und Verkäufer zu sein, zumindest solange bezahlt wird. In der Dienstleistungsgesellschaft spielen alle mit allen Komödie…
„Hätte mir nicht der liebe Gott geholfen“ sagt Christine
Wo alles seinen Preis hat, wirkt die Gabe, die keine reziproke Gegenleistung fordert, als subversiver Akt, der alle Gewissheiten über den Haufen wirft. Strasser bedeutet das Erscheinen Christines und die mit ihr verbundene Chance zu einem anderen Leben nur die Erwartung zusätzlicher Kosten. Christine dagegen ist ihr neues Leben etwas, das sich ihr so umwerfend und unerwartet aufgetan hat ‚wie ein Akt Gottes‘. Sie hat Gutes erfahren und will es weitergeben, aber sie verrät nicht, wieviel. Strasser soll die Freiheit beanspruchen, sich für sie zu entscheiden, nicht einfach nur das bessere Angebot wählen.
Das wäre die Gegengabe, doch es kommt nicht einmal zur Annahme der Gabe.
„Aber ich gab kein Pardon!“ sagt Müller
Christines Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe stößt an den gläsernen Plafond.
Strasser tritt ab und überlässt das Handeln den Untergebenen. Ada spielt hier keine Rolle. Sie hatte Müller, den bisherigen Außenseiter, noch in den inneren Kreis geholt und entschwindet. Der Autoritäre und seine Vernichtungsphantasien treiben nun die Handlung. Die Männerhorde weiß, was zu tun ist.
„Es waren keine hundert“ sagt Christine
Für die Meute ist am Gerücht „über die Frauen“ immer etwas dran, sie sprechen sie schuldig. Frau ist nicht mehr das, was von Männern gerettet werden muss. Ist Horváth an diesem Punkt überholt? Kaum. Multiple Standards gelten nicht nur für Männer und Frauen…und haben sich unter dem Postulat sexueller und identitärer Befreiung mehr verschoben denn abgebaut.
Weitere Beteiligte
Regieassistenz Anna Laner Ausstattungsassistenz Johanna Diwold Licht Oliver Mathias Kratochwill Produktion Martina Grillhofer Pressebetreuung Barbara Vanura
Artwork und Fotos 3007/Eva Dranaz Jochen Fill
Fördergeber
Ermöglicht durch die Kulturabteilung der Stadt Wien MA7 und Bundeskanzleramt:Österreich Kulturstiftung Matrong
Dank an: Club BÖ hmA Architektur ZT GmbH Klangfarbe Seewirt/Johanna Enzinger Architekt Wolfgang Mitterecker DI Peter Zacherl